[Rezi] Die Festung des Bergkönigs (Labyrinth Lord)

Heute ist meine Sendung Oldschool gekommen, natürlich alles vom Autor signiert: Fortress of the mountain king, LARM und Die Festung des Bergkönigs. Und zugleich hat es Olaf Buddenberg aka Argamae geschafft, seine Rezi zu Die Festung des Bergkönigs zeitgleich einzureichend – basierend auf der mittlerweile kostenlos erhältlichen pdf-Version (seine Version von Die Festung des Bergkönigs hab ich nämlich auch noch:

Das Abenteuermodul DIE FESTUNG DES BERGKÖNIGS von Moritz Mehlem (im Folgenden kurz „Bergkönig“) ist für das „old school“ Rollenspiel LABYRINTH LORD geschrieben worden, welches eine Neufassung und Niederschrift der alten D&D-Regeln von Tom Moldvay ist. Insofern kann man es ohne Konvertierung auch mit der deutschen „roten D&D-Box“ spielen. Es ist für 3-5 Charaktere der ersten drei Stufen ausgelegt.

Wie auch das Rollenspiel, für das „Bergkönig“ geschrieben wurde, atmet das Modul „old school“ aus jeder Pore. Es ist ein ziemlich gradliniges Verlies-Abenteuer mit einem recht ausgewogenen Mix aus Monstern, Rätseln und Fallen. Selbst die Illustrationen gereichen jenen alten Tagen zur Ehre – soll heißen: die wenigen Bilder im Modul entsprechen nicht den Standards gegenwärtiger D&D-Publikationen, um es mal gelinde zu formulieren. Aber das sollen sie auch gar nicht, denn so, wie sie sind, wecken sie zumindest in den Grognards (Veteranen) unter uns sogleich anachronistische Gefühle.

Im Gegensatz zu den meisten Modulen jener Tage (das heißt: frühe 80er) bedient sich „Bergkönig“ eines plauderhaften Schreibstils, der selten neutral und oft schon süffisant wirkt. Dies kann man dem Modul als Nachteil ankreiden – oder man mag es, da sich dadurch weder Autor noch Abenteuer bierernst nehmen. Daher will ich es auch mal nicht werten, sondern als Geschmacksfrage belassen.

ZUM INHALT
Die simpelsten Zutaten sind ja oft die besten. Und auch „Bergkönig“ hält sich nicht lange mit Vorgeschichte auf: ein Dorf wird bedroht und Banditen drangsalieren unter der Führung eines nicht näher identifizierten Bergkönigs die verschüchterten Bauern und haben in der Nähe einen (nicht länger versteckten) Unterschlupf. Damit ist der Plot auch schon umrissen: Eindringen, Plattmachen, Plündern.
Zuvor können die Abenteurer dieses oder jenes Gerücht aufschnappen, wodurch sie möglicherweise schon ein oder zwei Hinweise auf ihre Gegner bzw. Gefahren erhalten. Könnte sie aber auch irreführen.

Was folgt, ist eine Raum-für-Raum-Beschreibung des Verlieses, in dem es zahlreiche Kreaturen abzuleben gilt. Mit etwa 20 Einträgen ist „Bergkönig“ nicht sehr umfangreich und könnte an einem langen Abend durchgespielt werden.

PRÄSENTATION
Wie oben bereits angemerkt, möchte „Bergkönig“ so sein wie die alten D&D-Module, etwa „Festung im Grenzland“ oder „Castle Caldwell“ etc. Dies gelingt auch größtenteils, denn durch Vorlese-Textkästen, fettgedruckte Schlüsselwörter, klassische Kartensymbolik und Absatzgliederung (Buchstaben und Zahlen) wird schon vom Layout her ein nostalgisches D&D-Feeling erzeugt. Von den Illustrationen ganz zu schweigen (von denen ein paar sogar nach modernen Standards in Ordnung gehen).

Momente zum Charakter-Rollenspiel wird man in diesem Modul (nahezu) vergeblich suchen. „Bergkönig“ will saubere, spaßige und unbelastete Verlies-Action bieten und kann in dieser Hinsicht auch durchaus punkten. Ein geselliger Abend mit Knabbersachen, Bier (oder Softdrinks) und gut gelaunten Kumpels und Kumpelinnen ist hier das Credo. Nirgendwo deutlicher wird dies in der augenzwinkernden Bemerkung des Autors (bei Raumbeschreibung 11: Toilette), daß nach Fäkalien stinkende Charaktere doch eine gute Möglichkeit für Gruppen-Rollenspiel darstellen!

LICHT, SCHATTEN & BESONDERES
Das Verlies selbst ist nicht sonderlich originell. Die Anordnung der Räume folgt zwar einem Muster, ist aber auch langweilig. Architektonische Besonderheiten oder Herausforderungen gibt es kaum. Manche Bereiche stehen quasi für sich und die Handlungen dort wirken sich nicht auf den Rest des unterirdischen Komplexes aus. Damit ist es eben – was solche Verliesabenteuer angeht – nur Standard.
Zu den Pluspunkten zählen die eingestreuten Taktik-Tipps und Hinweise zu den Motivationen der Verlies-Bewohner. Diese könnten frischgebackenen Spielleitern helfen, den einzelnen Begegnungen etwas mehr Charakter zu verleihen.

Hier noch einige Dinge, die mir aufgefallen sind:

* in manchen Vorlesetexten zu Raumbeschreibungen sind bereits Informationen enthalten, die die Spielercharaktere nicht wissen können; das ist nix weltbewegendes, unterstreicht aber den sehr persönlichen Stil des Autors
* ein NSC, den man im „Bergkönig“ finden kann, besitzt nicht nur den üblichen „Level“, um seine Fähigkeiten anzuzeigen, sondern auch exakt festgelegte Erfahrungspunkte; sollte ihn ein Spielleiter etwa weiterführen und irgendwann aufsteigen lassen?
* es gibt – wie in den frühen Modulen – tabellarisch vorbereitete Spielercharaktere zum Sofort-Losspielen
* das Modul nimmt Bezug auf eine Spielerweiterung (ACC1: LARM), die mit diesem Abenteuer verknüpft werden kann (aber nicht muß)

FAZIT
Tja, was soll man nun als Fazit schreiben? Vielleicht erstmal dies: „Bergkönig“ ist gleichzeitig eine Hommage an die „goldenen Jahre von D&D“ sowie eine sehr kauzig geschriebene und erfrischend schlichte Verlieshatz mit eigener Note. Spielerisch/Taktisch ist das Modul nicht sonderlich anspruchsvoll, aber sicher für den oben erwähnten Fun-Abend gut geeignet. Die rudimentär erkennbare „Storyline“ kann noch ausgebaut werden, falls der SL das unbedingt möchte.
Wer sich auf diese Art des „old school“ Spielens einlassen kann und will, bekommt ein solides Abenteuer mit einigen schrägen sowie klassischen Fallen, Rätseln und Monstern. Wer sich gern den überstrapazierten Begriff „ernsthaftes Rollenspiel“ auf seinen SL-Schirm malt, muß den Ernst woanders suchen. Hier wird er ihn nicht finden.

Anmerkung zum Schluß
Auch unter D&D 3.5 gab und gibt es das Bestreben, die „goldenen Jahre des Rollenspiels“ wiederzubeleben. Darunter z.B. die DUNGEON CRAWL CLASSICS-Reihe von Goodman Games. Auch dort bekommt man klassische Verlieskost, die aber im Gegensatz zum „Bergkönig“ meist den einen oder anderen Twist bereithält, der den typischen Erwartungen alter und neuer Spieler zuwider läuft und so für Ãœberraschungen sorgt. Einen solchen „Twist“ enthält „Bergkönig“ (leider) nicht.

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Olaf Buddenberg

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