[OSR] Survive This!! FANTASY (Core Rules)

Argamae hat sich das OSR-Werk Survive This!! vorgenommen und berichtet:

Wer sich im Bereich OSR umschaut – und natürlich ganz besonders bei den gefühlt unendlichen D&D-Klonen – wird schnell überflutet von einer Fülle an Rollenspielen, die sich je nach Blickwinkel und geübtem Auge nur marginal voneinander unterscheiden. Jeder Autor nimmt sich das Grundgerüst des bekanntesten Rollenspiels der Welt vor, schraubt dann hier und da etwas dran oder schneidet etwas weg. Dennoch ist das aber nicht alles gleich, wie z.B. die populären OSR-Vertreter Dungeon Crawl ClassicsCrypt ThingsLamentation of the Flame Princess oder The Hero’s Journey zeigen.



Einen neuen Vertreter haben nun Bloat Games herausgebracht: SURVIVE THIS!! FANTASY.
In ihrer „Survive This!!“-Reihe sind bereits „Zombies“, „Vigilante City“ und „Dark Places & Demogorgons“ erschienen. Und mittlerweile haben sich Präsentation, Illustrationen und Layout der Produkte des kleinen Indie-Verlags deutlich verbessert. Dies ist ganz besonders ihrer Version eines D&D-Klons anzusehen: Survive This!! Fantasy (im Folgenden nur „FANTASY“ genannt) erschien nun als zweibändige Ausgabe, den Core Rules und dem Game Master’s Guide.

Was ist jetzt an diesem OSR-D&D-Klon anders? Ich will hier einen kurzen Überblick über die Core Rules geben. Das Game Master’s Guide nehme ich mir eventuell später vor, falls Interesse besteht.

Wie bereits in ihrem hervorragenden Superhelden-RPG Vigilante City über viele „Archetypen“ umgesetzt, hat FANTASY einen Haufen neuer Rassen/Völker und Klassen anzubieten, die teils aus anderen RPG inspiriert sind und das EDO-Einerlei etwas aufbrechen. Hier wären die Arcwols zu nennen, anthropomorphe Wölfe, deren Paten sicherlich die „Wolfen“ aus dem Palladium Fantasy RPG waren. Dann hätten wir noch Aspimittes, Schlangenmenschen mit humanoiden Oberkörpern, aber geschlängeltem Unterleib. Doppelgänger sind noch zu finden, Fienakar (denke: Tieflinge), Ghule, Goblins, Kobolde„Hatchlings“ (gerade erst geschlüpfte Drachen), Norgarm („Bärenmenschen“), Vessamyrrs (denke: Celestials) und Minatauns, nur etwa 60cm große, muskulöse, elfenähnliche Humanoide, die oft auf Reittieren wie Hasen, Waschbären, Hunden oder Wildschweinen in die Schlacht ziehen (hier frage ich mich, ob die Autoren vielleicht Elfquest-Fans sind). Davon ab gibt es von den „normalen“ Fantasyvölkern noch Menschen, Elfen und Zwerge.

Auch die typischen Charakterklassen wurden ein wenig neu definiert bzw. aufgebrochen: Archer (Kämpfer mit Bogen-Fokus), AssassinBarbarianBeastmaster (entwickelt Rapport mit Tierbegleiter), Cindertouched (hat psionische Kontrolle über Feuer; denke: Steven King’s „Firestarter“), Fortune Hunter (klassischer Abenteurer im Stile einer Lara Croft), Master of Arms (Kämpfer mit Fokus auf Rüstung und jeder Art von Nahkampfwaffe), Mender (altruistische Heiler-Mönche), Mercenary (guter Allround-Kämpfer), Monster Hunter (Jäger, der sich auf spezielle Monstertypen spezialisiert), Mystic (Magier mit Runen-Tattoos), Necromancer, PiratePsion Master (entwickelt Psi-Kräfte), Psion Warrior (kombiniert Kampf mit eingeschränkten Psi-Kräften), RangerStreet Rat (denke: Dieb), Warrior of the Empty Hand (denke: Shaolin etc.) und Zealot (fanatischer und magiebegabter Anhänger einer Gottheit, Überzeugung o.ä.).

Im Folgenden stichpunktartig einige Änderungen, die FANTASY gegenüber ähnlichen OSR-Systemen ins Feld führt.

FANTASY verwendet eine Stufenskala von 1-10, und zwar für jede Klasse. Und über diesen „eingedampften“ Stufenbereich bekommt man dann in jeder Klasse mehrere neue Fähigkeiten und Boni pro Stufe. „Leerstufen“ gibt es daher nicht, ab Stufe 2 kriegt man eigentlich immer was cooles dazu. Auch die Völker bringen neben üblichen Attributsboni auch spezifische Fähigkeiten und/oder Fertigkeiten mit. Beschränkungen bei Völkern hinsichtlich Klassenwahl gibt es aber, soweit ich das sehen konnte, kaum welche.

Das Fertigkeiten-System orientiert sich grob an D20/D&D 3.5, ist aber im Detail vereinfacht. Es ist von der Anzahl der Fertigkeiten umfangreicher als D&D 5, deckt aber über das gleiche System auch „proficiencies“ mit ab (also das Training in bestimmten Bereichen; hier ist das die Fertigkeit nicht über ein bestimmtes Maximum steigerbar). Zusätzlich haben die Designer das rudimentäre Berufssystem früher D&D-Editionen übernommen, so dass jeder Abenteurer einmal auf der Tabelle würfelt (oder von ihr auswählt), in welchem Beruf sie vor ihrer gefährlichen Laufbahn gearbeitet haben. Hier fungieren die Berufe aber zusätzlich wie die „Backgrounds“ in D&D 5; sie liefern ein, zwei Startfertigkeiten, Startgold und anfängliche Ausrüstung mit.

Gesinnungen wurden auf fünf reduziert: Righteous, Law, Neutral, Anarchist und Evil. Attribute wurden auf 7 erhöht; zu den bekannten sechs kommt noch „Survival“ dazu. Dies ist aber weniger ein 3-18-Attribut, sondern ein Punktekonto, aus dem Wiederholungswürfe bezahlt werden können. Pro Spielsitzung erhält man einen dieser Survivalpunkte wieder zurück. HP (Hit Points/Trefferpunkte) sind nicht mehr klassenabhängig, sondern gelten für jeden Charakter: 2W6 plus Konstitutionszuschlag. Rettungswürfe gibt es in sechs Kategorien, nämlich Courage, Critical (bei schwerem Schaden), Death (bei Schaden, der die Trefferpunkte auf 0 oder darunter bringt), Magic, Mental und Poison.

Interessanterweise bietet FANTASY mehrere Kampfrunden-Modelle an, die sich an verschiedenen Editionen von (A)D&D orientieren. Und man merkt auch, dass die Kampfregeln für Leute geschrieben wurden, die bereits Erfahrung in D&D-basierten Rollenspielen haben. Fürderhin gibt es Tabellen für kritische Treffer und Fehlschläge, für mißlungene Courage-Rettungswürfe, Furcht uvm.

Alles in allem habe ich zunächst mal einen guten Ersteindruck von FANTASY. Das ganze wirkt interessant, robust und spielbar. Ich glaube aber nicht, dass besonderer Aufwand in „Balancing“ gesteckt wurde. Sagt mir aber eher mein Bauchgefühl. Auf jeden Fall gefällt mir sehr, was ich hier bislang lese. Soviel dann an dieser Stelle.

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