[Rezi] Die Schwarze Sonne VII – Goldene Morgenröte

Die siebte Folge der Hörspielserie „Die Schwarze Sonne„, „Goldene Morgenröte“ führt wieder souverän die Handlungsplot in allen Zeitlinien fort.

Die deutsche Expeditionsschiff Schwabenland ist nun fast einem Monat in der Kälte und hat nun endlich das Gesuchte zwischen zwei Bergmassiven entdeckt. Ein mehrere Quadratkilometer große, eisfreie Fläche. Während einige Forscher eine unterirdische Magmablase vermuten, sind sich die Nazi-Offiziere sicher, dass sie das gefunden haben, weswegen sie hier sind.

Jahre später in der Jetztzeit geht während einer kleinen Sitzung des Ministers, der gerade dekadent erzählt, wie er seiner Frau den eigenen Garten durch einen Strahlenbefund der Abteilung 14 vermiest, eine Warnung herein, dass es Probleme mit der Operation Nordwind gibt. Daraufhin wird beschlossen, die „Physik“ einzuweihen, genauer Prof. Maarten, der vom BND quasi aus seiner laufenden Vorlesung gezogen wird. Gemeinsam geht es dann zu einem jener Knotenpunkte, die kurz vorm Bersten stehen sollen, immer begleitet von der Skepsis des Professors.

Die eigentlichen Protagonisten des Hörspiels, Nathaniel und Adam, grübeln noch über die Rippermorde. Nathaniels alter Gefährte, der Ermittler Joseph Bell, der zusammen mit seinem Assistenten Arthur Conan Doyle, den Fall bearbeitet, hat mit den letzten Entdeckungen schwer zu kämpfen. In einem Festsaal wurde eine Orgie veranstaltet, bei dem sich die Beteiligten zum Schluß selbst verstümmelten, gegenseitig anknabberten und schlimmere Dinge taten. Nathaniel scheint mehr zu wissen, aber auch wild entschlossen, sein Wissen -–zum Schutz aller – für sich zu behalten.

Sein Wissen für sich behalten würde auch gerne Jules Verne, ebenfalls lange Wegbegleiter von Nathaniel. Schon in der vergangenen Folge wurde er von der Gegenseite gefangen und wird nun mit Drogen verhört. Jedoch ist er unter Einfluß der heftigen Indikation selbst nicht mehr in der Lage zu unterscheiden, was wahr ist, was nur seine Fiktion – dafür schildert er die Ereignisse aber gewohnt detailreich und weitschweifig…

Unter diesem Einfluß verrät er, wie er und Nathaniel Hinweise auf einen Knotenpunkte fanden und zu einer Expedition aufbrachen.

Das Hörspiel schafft das Kunststück, gleich zwei große Cliffhanger zu haben, aber die eigentliche Handlung läuft zwar fort, aber es werden keine Zwischenziele erreicht oder Nebenplots beendet. Das ist eigentlich – mal wieder – die Kritik an dieser genialen Serie.

In Verbindung mit einer gemeinsam veröffentlichten Folge VIII wäre das Hörerlebnis vermutlich befriedigender – andererseits warum sollte Lausch seine Produktion einige Monate auf Halde lagern lassen, wenn sie fertig ist.

Die vielen verschiedenen Zeitstränge erfordern Aufmerksamkeit. Auch muss man die Komplexität mögen – an jedem Abschnitts des Strangs werden neue Puzzlestücke angebracht, mal festigen sie ein Bild, mal verwerfen sie ein altes. Die Schwarze Sonne ist nie leichte Kost – sie ist aber immer höchstes Hörvergnügen. Kaum ein Werk ist so immersiv. Die Naziepoche klingt eben nach Nazideutschland, nie künstlich aufgebauscht, nie erhöht, immer aus der Sicht der damaligen Zeit die Dialoge schreibend. Und dies gilt für alle Epochen wohlgemerkt – auch die viktorianische Epoche trifft den Ton ebenso wie die Moderne. Auch wenn mein Physikprofessor während meines kompletten Studiums nicht so oft „verarschen“ sagte, wie der Herr Professor auf einer CD… Aber das ist ja fast ein Markenzeichen Lauschs und fällt nicht sonderlich negativ aus – zumal es nicht zu übertrieben wirkt.

Weiteres Markenzeichen ist die Vermischung historischer Figuren und Ereignisse mit der Fiktion. Die Ripper-Morde inkl. der gefundenen Briefe und eines Graffitis wurden übernommen wie historisch überliefert, aber gelungen in einen neuen Kontext gesetzt. Joseph Bell ist z.B. die historische Vorlage von Sherlock Holmes, den eben jener Arthur Conan Doyle schrieb. Auch die Andeutung dass einige von Jules Vernes Bücher echte Berichte und nicht nur Fiktion sind, läßt einen fasziniert erahnen, was noch alles bevorsteht. Zugleich macht man aber nicht den Fehler, diese Serie unendlich ausufern zu lassen, sondern das Ende ist schon angekündigt.

Lausch hat mit Die Schwarze Sonne einen ganz eigenen Stil, ein wirklich eigenständiges Werk zu schaffen, welches zwar keinen Vergleich zu scheuen braucht, trotzdem aber unvergleichlich ist.

Neben der jeweils passigen Musik und gelungenen Soundeffekte, begleiten eine ganze Schar wunderbarer, ausdrucksstarker Stimmen die Serie, die zu ihrer Rolle passen, wie die Faust zum, nunja, Auge. Konrad Halver als Jules Verne ist genau die Stimme eines Phantasten, der sich selbst gerne reden hört und fabuliert, so dass er seiner Feder die kreativsten Geschichten entlocken kann. Günter Kütemeyer ist ebenfalls gut besetzt als Joseph Bell, sofort ist einem der erfahrene Kriminalist vor Augen – in Drizzt hatte er ja ebenfalls die Rolle des altersweisen Waldläufers inne. Eine besondere Entdeckung dieser Folge ist Roland Floegel, der mir hier erstmals ins Ohr sprang, wenn ich ihn seitdem auch in mancher Lauschproduktion entdeckt habe – und mich immer freue. Seine Interpretation eines BND-Agenten ist zwar etwas schelmisch, aber sehr unterhaltsam – insbesondere im Duett mit dem ungläubigen Professor.

Unabdingbar in Zeiten von Raubkopien ist eine gute Ausstattung – und auch hier kann Lausch ein stimmiges Booklet mit einigen passigen Bildern sowie ein bedruckte CD bieten. Grundsätzlich gibt es zwar einige die noch mehr bieten (z.B. ausführliche Sprecherinfos im Booklet), aber auch viele, die weniger bieten.

Fazit: Für den, der zur Entspannung, zur schnellen Unterhaltung ein Hörspiel sucht, die kann ihm DieSchwarze Sonne nicht bieten. Wer längerfristige Unterhaltung, einen komplexen, spannenden Plot, der bisher ohne Hänger auskommt, und eine echt eigenständige Schöpfung sucht, für den ist Die Schwarze Sonne genau das richtige. Die Folge läßt zwar direkte Höhepunkte vermissen, ist aber immer spannend – eben eine Folge, die mit ihren Geschehen und Cliffhängern die nächste Folge vorbereitet!

PS.:Rezis der Vorgänger findet ihr hier.

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