[Rezi] HackMaster Basic

Nachdem das Buch schon länger erschienen ist, haben wir es neulich ausgetestet, insbesondere die „Echtzeit-Kämpfe“ sind ein interessanter Mechanismus. Aber Olaf Buddenberg aka Argamae hat nicht nur gespielleitet, er hat auch eine ausführliche Rezension geschrieben:

EINLEITUNG
Viel wurde schon über HackMaster geschrieben, sowohl von mir, jedoch primär von anderen. Die ganze Historie dieses als AD&D-Persiflage begonnenen Spielsystems (dessen erste Ausgabe von 2001 auch als HackMaster 4th Edition bekannt ist) möchte ich hier nicht erneut wiederkauen, sondern gleich ans Eingemachte gehen.

AUFMACHUNG
Das HackMaster Basic Softcover (im Folgenden HMb genannt) entspricht den Standards, die man von einem vernünftig geleimten Buch erwartet. Es ist leidlich strapazierfähig und läßt sich gut aufgeklappt hinlegen. Natürlich stossen die Ecken schnell ab und auch das farbige Coverbild zeigt alsbald Abrieb. Stichwort: Coverbild. Erol Otus, Illustrator-Urgestein aus den Anfangstagen des Rollenspiels (D&D), steuerte hier eines seiner typischen „schrägen“ Bilder bei, die irgendwie alle altmodisch aussehen und wie unprofessionelle Fan-Art wirken. Otus-Titelbilder schreien „old school“ mit jedem Pinselstrich, weswegen jeder Grognard/Veteran auch sofort weiß, was auf ihn zukommen wird. Neu-Rollenspieler, die ein Fantasy-System suchen, dürften jedoch eher abgeschreckt sein, da ihre Erwartungen an ein ansprechendes, zeitgemäßes Coverbild zweifellos von modernen Top-Publikationen und Computerrollenspielen geprägt sind. Ob das am Ende nicht ein Schnitt ins eigene Fleisch war, wird Kenzer & Co. wohl selbst herausfinden. Etikettenschwindel wird man ihnen aber wohl kaum vorwerfen können.
Die weiteren S/W-Innenillustrationen sind von durchwachsender Qualität – es gibt einige sehr gute und stimmungsvolle (Carpenter!), aber auch schlechte und billig wirkende Zeichnungen. Einen einheitlichen Stil verfolgen diese Illustrationen nicht. Das kann man auch insgesamt vom Seiten- und Absatz-Layout sagen. Es wirkt mitunter nervös und „zusammengeklebt“. Keine Ahnung, ob man sich einfach nicht mehr Mühe gegeben hat oder ob dies absichtlich irgendwelche imaginären oder tatsächlichen „old school“-Vorlagen erfüllen soll.

SETTING?
HMb ist zwar nicht ohne Kampagnenwelt, doch diese wird im Regelwerk nur ganz, ganz am Rande erwähnt – die Basic-Regeln sollen für sich stehen können, soviel ist beabsichtigt. Tatsächlich verwendet HMb die KINGDOMS OF KALAMAR, die aus gleichem Hause stammen; bereits vor 15 Jahren erschienen sie erstmals als systemunabhängige Kampagnenwelt und sind später für D&D 3.5 neu aufgearbeitet worden. Die „Königreiche von Kalamar“ sind ein interessanter Hintergrund, der glaubwürdig und „erwachsen“ erscheint, da er u.a. Rassismus thematisiert.
Aber wie gesagt: HMb bietet sich ebenso gut für jedes hausgemachte Setting an.

CHARAKTERERSCHAFFUNG
HMb steigt sofort ins Geschehen ein: vor den ausführlicheren Erschaffungsregeln befindet sich ein Abschnitt mit einer „Express-Erschaffung“ für Charakere. Diese besteht aus ein paar Würfen, wobei viele Optionen wegfallen und einige Entscheidungen bereits voreingestellt sind. Ein spielfertiger Charakter ist somit schnell gebaut.
Apropos: Bauen. HMb bedient sich einer Mischung aus zufallsbasierter und punktegesteuerter Charaktererschaffung, und die Vollversion der Charaktererschaffung hat es wahrlich in sich. Und zwar in punkto Zeitaufwand; dabei sind die Regeln nicht mal der größte Zeitfresser, sondern die teilweise katastrophale Organisation selbiger. Die Schritt-für-Schritt-Liste zum Charakterbau kann man dabei fast komplett vergessen, denn sie hilft kaum – ständiges Vor- und Zurückblättern, um Boni, Änderungen und Modifikatoren zu notieren oder rückwirkend neu einzurechnen ist das Gebot der Stunde(n). Ich bin sicher: das hätte man auch im Ablauf deutlich freundlicher gestalten können.
Im Detail: HMb atmet deutlich den Geist der frühen klassenbasierten Fantasyrollenspiele (sprich: AD&D) und definiert einen Charakter über 7 altbekannte Attribute (ein weiteres, Honor, wird aus den übrigen abgeleitet), die Rasse (vier „Standards“ werden vorgestellt: Elfen, Halblinge, Menschen und Zwerge), die Charakterklasse (vier Grundklassen sind enthalten: Kämpfer, Dieb, Kleriker und Zauberer) sowie einer Vielzahl von Fertigkeiten, die über einen Prozentwert quantifiziert werden. Ergänzend kann man einzelne „Talente“ und „Kenntnisse“ kaufen, die in etwa mit den „Talenten“ und „Umgang mit …“ aus D&D 3.5 vergleichbar sind, jedoch in Variation und Anzahl deutlich geringer ausfallen. Die Werte der Attribute orientieren sich an der 3-18-Skala und werden mit 3W6 ausgewürfelt – hohe Werte sind also wirklich was besonderes. Ferner belohnt das System die Spieler, die alle ausgewürfelten Attribute in der vorgegebenen Reihenfolge ohne Abänderungen hinnehmen. Zusätzlich hat jedes Attribut noch einen angehängten Prozentwert (wird zufällig ermittelt), der anzeigt, wie nah man an einer Steigerung des Attributes um 1 Punkt ist: dazu muß man im Verlauf des Spiels (oder auch schon der Erschaffung) den Prozentwert über 100 steigern. Wie in alten AD&D-Zeiten wirkt sich jedes Attribut auf ein oder mehrere andere Spielwerte aus und bringt Modifikatoren mit sich. Ein paar Tabellen zum Auswürfeln von Hintergrund-Details zum Charakter (Familie, Geschwister) sind auch enthalten, deren Ergebnisse mitunter wieder spielrelevante Modifikatoren mitsichbringen.
Wurde dem Zufall genüge getan, kommen die „building points“ (BP) ins Spiel; 50 davon erhält jeder Spieler zur freien Verwendung. Mit diesen erkauft man sich so ziemlich alles andere, etwa „re-rolls“ (Wiederholungen von Tabellenwürfen) oder die oben erwähnten Talente und Fertigkeiten. Auch Waffenspezialisierungen können hiermit ausgebaut werden. Die Wahl einer Charakterklasse kostet ebenfalls BP, wobei die Kosten gemäß der üblichen Klischees gewichtet sind: Zwerge müssen deutlich mehr berappen, wenn sie Zauberer werden wollen, als Elfen oder Menschen. Dafür kommen sie als Kämpfer recht günstig weg. Menschen zahlen für jede Klasse gleich viel. Gesinnungen gilt es übrigens auch zu wählen – ganz nach D&D’schem Vorbild.
Zeitaufwendig wird dann auch der Einkauf und die Steigerung von Fertigkeiten, die HMb in universelle und nicht-universelle Fertigkeiten unterteilt. Die universellen (Klettern, Überleben, Observation, etc. pp.) beherrschen alle Charaktere auf einem Grundwert, die anderen müssen erst gekauft werden. Jede Fertigkeit hat einen eigenen Kostenwert, wenn man sie steigern will. Auch hier ist also viel Blättern angesagt, denn im ganzen Buch ist nicht eine Übersichtstabelle aller Fertigkeiten inkl. ihrer Kosten enthalten.
Abschließend will man dann natürlich noch Ausrüstung kaufen – und hier hält sich HMb dann auch mal vornehm zurück. Nur einige wenige Ausrüstungslisten sind enthalten. Der Währungsstandard ist übrigens mal nicht die Gold- sondern die Silbermünze.

DIE RASSEN
Die für Fantasy-Rollenspiele ja schon standardisierten Rassen der Elfen, Zwerge, Halblinge und Menschen werden bei HMb durch eine Reihe von Boni (und Mali) unterschieden, die sie auf Attribute und Rettungswürfe erhalten, sowie durch „Vorteilspreise“ beim Kauf bestimmter Talente. Außerdem erhalten manche Rassen automatische Steigerungen in einigen Fertigkeiten; Sonderfähigkeiten (etwa die Dunkelsicht der Zwerge oder das Geheimtürenfinden der Elfen) kommen auch ins Spiel. Abseits einer kurzen Charakterisierung der jeweiligen Rasse enthält HMb aber keine weiteren Infos (so sucht man also Kampageneninfo vergeblich; wie oben erwähnt, thematisieren die Grundregeln das Kernsetting kaum).

DIE KLASSEN
Primär unterscheiden sich die Klassen durch ihre Boni (bspw. auf Initiative, Verteidigung oder Rettungswurf-Modifikatoren) und anfänglichen Fertigkeiten, die sie erhalten. Und natürlich gibt es immer etwas, was jeweils nur eine Klasse kann: Magier können mächtige arkane Zaubersprüche loslassen, Kleriker können Untote vertreiben und göttliche Zauber wirken, Kämpfer können sich am billigsten von allen Klassen in Waffen spezialisieren und sind zäher im Kampf (höhere Schmerzgrenze, siehe unten). Diebe schließlich haben höhere Fertigkeitswerte in den typischen Diebeskenntnissen und verfügen über Glückspunkte (mit denen sie Würfelergebnisse „schönen“ können) sowie den hinterhältigen Angriff – ein Klassiker!

SPIELSYSTEM
Bislang könnte man meinen, daß HMb doch sehr treu bei seinen AD&D-Wurzeln steht. Aber auch, wenn der Eindruck nicht täuscht, weichen die Regeln im Detail dann doch sehr von der übermächtigen Vorlage ab. Deutlich wird dies nicht nur im Kampfsystem, daß sehr zur Freude von Rüstungsklassen-Gegnern auf eine aktive Verteidigung (Parade, Ausweichen) sowie Schadensreduzierung durch Rüstungen setzt. Doch dazu später mehr. Das Grundregelwerk deckt die Stufen 1-5 ab, ähnlich der „roten Box“ von D&D, die alle Regeln bis Stufe 3 enthielt.
Einer der Kerne von HMb ist der sogenannte „penetrating“ Wurf, also ein Würfelwurf, bei dem ein oder mehrere Würfel penetrieren – d.h. beim höchstmöglichen Ergebnis erneut gewürfelt werden. Solche Würfel werden mit einem kleinen „p“ dahinter gekennzeichnet. Wird erneut das höchstmögliche Ergebnis erzielt, darf nochmals gewürfelt werden. In einer anderen Welt und Zeit könnte man das auch „explodieren“ nennen. So können bei einem glücklichen Händchen sehr hohe Ergebnisse erzielt werden (etwa bei Rettungs- oder Schadenswürfen). So kann man die zugrundelegende Spielmechanik von HMb in etwa wie folgt zusammenfassen: man würfelt mit einem W20p + Modifikator gegen einen Wert (der meist aus einem gegnerischen W20p + Mods besteht). Hat man den höheren Wert erzielt, ist der Wurf gelungen (Angriffe, Verteidigung und Rettungswürfe laufen z.B. nach diesem Schema ab). Bei Fertigkeiten kommt der W100 zum Einsatz, wobei hier unter dem Wert der Fertigkeit gewürfelt werden muß. Einfachere Würfe sind hierbei mit deutlichen Modifikatoren belegt, die es auch niedrigstufigen Charakteren erlauben, mit ihren mickrigen Fertigkeits-Prozentwerten Erfolge zu verbuchen. Erst ab „schwer“ würfelt man ohne Modifikatoren, ab „sehr schwer“ gibt’s Abzüge. Bei vergleichenden Fertigkeitsproben muß der aktive Charakter mit W100 plus Fertigkeitswert (z.B. Schleichen) über dem Wurf des passiven Charakters (ebenfalls W100 plus dessen Fertigkeitswert, in diesem Beispiel Observation) liegen, um Erfolg zu haben.
Alles in allem eine solide, erprobte Spielmechanik ohne Schnörkel oder Glanz, die durch das „Penetrations“-System zusätzliche Spannung erhält.

KAMPFSYSTEM
Diesen Bestandteil der allgemeinen Spielmechanik möchte ich kurz näher beleuchten, da er interessante Aspekte hat. Zunächst einmal gibt es die klassische „Kampfrunde“ nicht mehr – sobald die Initiative gewürfelt wurde (deren verwendeter Würfel je nach Situation variiert), zählt der SL Sekunde für Sekunde hoch. Theoretisch hat jeder Charakter in jeder Sekunde Gelegenheit, seine Handlungen zu ändern bzw. eine zu beginnen. Bewegung findet somit simultan statt; treffen zwei Kombatanten aufeinander (kommen also in Schlagreichweite), ist die jeweilige Waffenlänge bzw. -reichweite entscheidend – wer den „Längeren“ hat, kann zuerst angreifen; wann er erneut angreifen kann, hängt vom Speed der verwendeten Waffe ab. Gehen, Rennen, einen Zauber sprechen, die Waffe wechseln, einen neuen Pfeil auf die Sehne legen – alles dauert soundsoviel Sekunden. Insbesondere Kämpfer sind gut darin beraten, einige BP in die Spezialisierung ihrer bevorzugten Waffe(n) zu stecken – hier kann man 4 Parameter individuell steigern: Attack (modifiziert den Angriffswurf), Speed (modifiziert die inhärente Geschwindigkeit der Waffe und man kann sie schneller wieder bereit machen), Defense (erhöht die Parade bzw. den Verteidigungswurf) und Damage (sorgt für ein größeres Plus hinter den Schadenswürfeln).
Waffenschäden werden über Penetrationswürfe abgewickelt – wer also glücklich würfelt, kann enormen Schaden anrichten. Doch auch so ergibt sich in HMb die Möglichkeit, Gegner kampfunfähig zu schlagen, ohne ihre gesamten Trefferpunkte auf Null zu reduzieren. Als Funktion von Gesamt-TP und Stufe/Klasse besitzt jeder Charakter (und jedes Lebewesen) einen ToP – Threshold of Pain (etwa: Schmerzgrenze). Wird ein Gegner mit einem Schadenswurf höher als der ToP-Wert getroffen, muß er einen Rettungswurf ablegen oder nahezu handlungsunfähig zu Boden gehen.
Auch Schilde kommen in HMb endlich zur vollen Entfaltung. So erhöhen sie die Verteidigungsfähigkeit, absorbieren Schäden und dienen bei Beschuß als Deckung. Aber sie können auch durch schwere Hiebe zerschmettert werden. Sehr anschaulich ist auch, daß überzähliger Schaden (den das Schild nicht aufgehalten hat) auf den Träger einwirkt – quasi durch Prellungen aufgrund der Einschlagswucht. Apropos: Einschlagswucht – auch das Zurückdrängen eines Gegners aufgrund heftiger Treffer wird durch die Regeln erfasst. Wenn dann das nächstemal ein Kampf nahe einer Schlucht stattfindet, wird sich wieder Angstschweiß auf den Stirnen der Spieler bilden!
Bögen und Armbrüste erhalten in HMb auch eine größere Bühne – in den Händen ausgebildeter Schützen sind es gefährliche und formidable Waffen.
Kopfschmerzen dürfte das Heilsystem von HMb hervorrufen – zumindest aber einen beträchtlichen buchhalterischen Aufwand. Denn Wunden heilen individuell. Erleidet man also in einem Kampf drei Treffer (3, 5 und 8 Punkte Schaden), hat man insgesamt zwar 16 TP verloren – doch die Wunden werden einzelnd vermerkt. Der erste TP heilt nach soviel Tagen wie die Wunde Schaden verursacht hat – im obigen Beispiel also nach 3 Tagen bei der 3-TP-Wunde, nach 5 Tagen bei der 5-TP-Wunde und … okay, kapiert, oder? Danach werden daraus eine 2-TP-Wunde und eine 4-TP-Wunde usw. Bis die Wunde auf natürliche Weise komplett verheilt ist, gehen also bei der 3-TP-Wunde (3+2+1=6) sechs Tage ins Land; bei der 5-TP-Wunde sind es schon über zwei Wochen (5+4+3+2+1=15) und die 8-TP-Wunde benötigt bereits über einen Monat! Diese Heilzeit kann natürlich durch Einsatz der Erste-Hilfe-Fertigkeit und andere Umstände beschleunigt werden. Tipp an dieser Stelle: ich empfehle jedem ernsthaften Abenteurer den Kauf des Talentes Fast Healer. Es kostet nur 10 BP und reduziert die Heilung jeder Wunde um 1 Tag.
Insgesamt ist das Kampfsystem von HMb gewöhnungsbedürftig, da verwaltungstechnisch anspruchsvoll, aber es erscheint schon nach relativ kurzer Zeit recht intuitiv. Neue taktische Möglichkeiten bringt es auch mit sich.

MAGIE
HMb präsentiert für jede Charakterstufe auch eine Spruchstufe – im Gegensatz zu D&D gibt’s also schon im Grundregelwerk fünf Spruchstufen. Die Magier erhalten ferner Zugang zu Apprentice – und Journeyman-Zaubern (also etwa Lehrlings- und Gesellenzauber), die der ersten regulären Zauberstufe vorausgehen. Am Anfang backen beide zauberfähigen Klassen ziemlich kleine Brötchen – umso mehr Luft für mächtige Zauber bleibt dann nach oben.
Die arkane Magie arbeitet mit Spellpoints (dt. Zauberpunkte) und dem aus D&D bekannten Einpräg-System (zusätzlich zu Materialkomponenten bei machen Zaubersprüchen). Auswirkung bei HMb: nicht eingeprägte Zauber kann man zwar sprechen, aber sie sind doppelt so teuer. Auf Stufe 1 hat der Magier 140 Spellpoints. Dafür kann er z.B. zwei Zauber der Stufe 1 und einen Gesellenzauber sprechen. Interessant ist, daß viele Zauber die Möglichkeit geben, zusätzliche SP beim Zaubern zu investieren, um Effekte des Zauberspruches zu steigern: Schaden, Reichweite, Wirkungsgebiet, etc. Da sind dann aber schnell die SP verbraten. Dennoch dürfte etwas äußerst Genugtuendes darin liegen, seinen letzten Feuerball mit allen verbleibenden Zauberpunkten aufzumotzen, um einen brennenden Eindruck zu hinterlassen!
Kleriker müssen sich mit weniger offensiven Zaubern und einer kleineren Spruchauswahl zufrieden geben und obliegen beim Anwenden ihrer Magie natürlich der Gunst ihrer Gottheit. Dafür schlagen sie sich aber auch nicht mit Spellpoints herum – ihre Gottheit sorgt dafür, daß genug Energie da ist, um die Magie auszulösen. Außerdem haben sie die begehrten Heilzauber, die in HMb wahrlich Gold wert sind (eingedenk der langsamen Heilungsrate in diesem System).

DER SPIELLEITER
… ist in HMb vornehmlich ein Do-it-Yourself-Man. Das Regelwerk gibt ihm nicht viel an die Hand – ein paar ergänzende Regeln zu Sturzschaden, Lichtquellen, Fallgittern und Geheimtüren, etc. sowie ein kleines Monstrositätenkabinett mit allen Spielwerten, aber ohne große Beschreibungen oder Erklärungen. Eben nur das Notwendigste. Dazu noch einen Abschnitt über Schätze und magische Gegenstände und – natürlich – Erfahrungspunkte. Gerade letzterer ist aber überhaupt nicht transparent im Hinblick darauf, wie genau die Punkte nun innerhalb der Gruppe aufgeteilt werden sollen. Das muß man sich schon zusammenreimen und anhand verstreuter Hinweise im Regelwerk „ableiten“.
Am Ende des Buches folgt noch ein Abschnitt über den bereits aus der Vorgängerversion von HackMaster bekannten „Gamemaster’s Code of Conduct“ (dt. Verhaltenskodex für Spielleiter), der zwar irgendwie amüsant zu lesen ist, aber zart aufblühenden SL keine nennenswerte Hilfestellung gibt. Ebenso überflüssig ist imho das Kapitel über „Würfel-Etikette“, daß detailliert näherbringt, wie man Würfel handhabt, pflegt, auf ein Spiel vorbereitet, „auflädt“, richtig wirft (verschiedene Wurftechniken werden anhand einer schematischen Grafik erläutert) usw. Auch wird auf „Würfelaberglauben“ eingegangen und die Wichtigkeit von Würfeln in HMb überdeutlich hervorgehoben. Okay, das alles ist natürlich eine Persiflage auf allgemeine Rollenspieler-Eigenarten, aber mehr Substanz (Regeln, SL-Sektion, Abenteuer etc.) wäre allemal besser gewesen als diese 11 Seiten über das primäre Spielgerät dieses Hobbys.
Von unschätzbarem Wert ist jedoch die Illustration der Kampfregeln in einem KotDT-Comicstrip (Knights of the Dinner Table). Die Spieler des Comics spielen hierbei eine Kampfszene mit ihren Charakteren durch, die humorvoll präsentiert wird, aber eben auch viele Kampfregeln genau aufdröselt, die allein als Regeltext vermutlich schwieriger zu verstehen gewesen wären. Dafür zwei Daumen hoch!

FAZIT
HMb ist ein simulationslastiges, komplexes Fantasy-Rollenspiel, dessen gute und detaillierte Regeln und Mechaniken unter dem Gewicht einer schludrigen Organisation und Präsentation (hier insbesondere das Layout) eingequetscht werden und damit nicht richtig „durchatmen“ können. Nichtsdestotrotz ist das Grundregelwerk insich vollständig und spielbar, wenn man denn einen SL hat, der sich mit sowas auskennt. Anders gesagt: das hier ist nix für Neueinsteiger. Jene aber, die zwar Klassen- und Stufensysteme mögen, aber den Mechanismen von AD&D nie viel abgewinnen konnten und Midgard bzw. DSA für zu „hausbacken“ hielten, könnten in HMb endlich das finden, was sie gesucht haben.
HMb mag auch geeignet sein, aufsässigen und selbstzufriedenen Power-Gamern eine Lektion in Sachen Demut zu erteilen. Auf jedenfall ist es „old school“, aber es ist eben nicht „rules lite“. Auch als Hassgeschenk für einen ungeliebten Storytelling-SL äußerst brauchbar!

Danke fürs Lesen,

Euer Argamae.

Von Kenzer & Company, USA; Macher von Knights of the Dinner Table, Aces & Eights: Shattered Frontier und Kingdoms of Kalamar. Softcover, 192 Seiten S/W, Englisch.

Ergänzung: nachdem ich ja nun die Abenteuermodule Frandor’s Keep sowie Realm of the Elm King gelesen und begutachtet habe, drängt sich mir der Eindruck auf, daß HMb absichtlich ein fahriges, unsauberes und unprofessionell wirkendes Layout erhalten hat. Denn die erwähnten Module sind Musterbeispiele für übersichtlich und spielfreundlich gestaltete Abenteuerbände. Auch die Auszüge von Regeln und Klassen aus dem HackJournal (Kenzer & Co.’s Haus- und Hofmagazin), in dem schon vorab Inhalte aus Advanced HackMaster abgedruckt wurden, sprechen eine ganz andere Sprache in Sachen Optik und Gliederung. Seltsam.
Die Vorfreude auf Advanced HackMaster wächst…

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